TEXT
von Ulrike Payerhofer
Acryl, Aquarell, Tuschezeichnungen, aber auch Drucktechniken wie Monotypie und Linolschnitt umfassen das künstlerische Spektrum Karl Grubers. Die unterschiedlichen Medien verlangen hierbei eine offene Herangehensweise an die jeweilige Technik, die der Künstler durch genau geplantes Setzen von Aussparungen, Kontrasten, geometrischen Flächenteilungen oder dem Spiel mit Positiv- und Negativformen, zu seiner eigenen Bildsprache bündelt. Sie verleiht Figuralem oder Abstraktem eine klar lesbare Form, die sich kaum wahrnehmbar aus verschiedensten Elementen und Zufallsbedingungen zusammensetzt. Thematisch behandelt Karl Gruber dabei seine unmittelbare Umgebung, die oststeirische Kulturlandschaft, wie auch Entwicklungen die jeden betreffen: Menschen in sozialen Interaktionen, Veränderungen in der Gesellschaft.
In den Aquarellen widmet er sich in erster Linie der Kulturlandschaft – der vom Menschen adaptierten Landschaft. Was bedeutet ein Eingriff in die natürlichen Gegebenheiten durch den Menschen? Wie gliedert und zergliedert sich ein Landschaftsstrich? Welche Rolle spielt dabei die Architektur? Die für landwirtschaftliche Gebäude typische Bauweise des Haufenhofs, die Anordnung von Wohn- und Wirtschaftsgebäuden nach den Bedingungen der Landschaft und ihrer Funktion, ist charakteristisch für die Oststeiermark, und dokumentiert das Bauen in ländlichem Gebiet. Die Aquarelle zeigen das „Eingebettetsein“ von Architektur in einer wechselhaften Landschaft, die sich ihrerseits aus einzelnen Elementen zusammensetzt. Diese Module bringt Karl Gruber mit schnellen Strichen, Aussparungen und außerordentlicher Präzision zum Vorschein – er reduziert das Motiv auf das Wesentliche und lenkt den Blick auf Flächen, Abgrenzungen und Anordnungen. Dadurch ermöglicht er ein abstraktes und grafisches Wahrnehmen der Kulturlandschaft. Blau-, Grün- und Grautöne dominieren und vermitteln Leichtigkeit, gleichzeitig ist es eine Art Farbcode, der einen Zustand zu einem bestimmten Zeitpunkt beschreibt. Zäune, Wege, Bäume, teilen ästhetisch ein, sie fungieren als natürliche oder künstliche Übergänge von einer Zone in die nächste, jede mit einer bestimmten Aufgabe, ebenso wie die Gebäude. Die Bauweise und individuelle Ausformung der alten Höfe betont deren funktionale Ausrichtung, und wirft Fragen über die künftige Kulturlandschaft auf.
Der Mensch steht im Mittelpunkt der rot-blauen Acrylserien. Mit knalligem Rot-Blau-Kontrast, auf wesentliche Positiv-Negativflächen reduziert, zeigt Karl Gruber Menschen bei der Arbeit, in der Freizeit, in Emotion oder auch als klassischen Akt. Durch eine ausgefeilte Technik, die nicht unbedeutend vom Zufall beeinflusst wird, kombiniert er die leuchtendroten Flächen zu einem Ganzen, und lässt unnötige Details im Blau versinken. Ein schmaler Grat, der bei jedem Motiv von neuem gezogen werden muss. Der starke Konkurrenzkampf der Farben zwischen beruhigendem Blau und aufregendem Rot, erzeugt beim Betrachter ein Seherlebnis. Die Momenthaftigkeit der Motive versetzt direkt in eine tatsächlich stattgefundene Situation – ein Moment des Aufeinandertreffens in der Vergangenheit. Das Bild fungiert als Schablone eines Ereignisses, dem nun neue Bedeutungen zugeschrieben werden können.
In der Reihe „Kontrolle“ setzt sich Karl Gruber mit Einschränkungen auseinander. Er arrangiert Symbole der Ausgrenzung oder Eingrenzung und setzt sie collageartig zusammen. Erst durch das Rauslösen aus ihrer eigentlichen Umgebung erscheinen sie fremd und fehl am Platz. Nehmen wir Überwachungskameras noch wahr? Lesen wir Warnschilder überhaupt? Sind Stacheldrähte notwendig? Bedeutet ein Handy Freiheit oder ständigen Standby-Modus? Das Hervorheben und Kombinieren der Motive leitet einen Denkprozess über ihren eigentlichen Ursprung und Zweck ein, der oftmals in Vergessenheit gerät.
Bereits in den Aquarellen sind die wesentlichen Charakteristika der rot-blauen Acrylserien ausgearbeitet. In letzteren konzentriert Karl Gruber die wechselseitige Wirkung von Positiv-Negativform auf den Punkt, und pusht das Motiv zusätzlich durch den Einsatz zweier Komplementärfarben. Das schablonenähnliche Arbeiten, die Betonung der Fläche, und Motive aus dem Alltag verbinden Karl Gruber mit den Werken der Pop Art, jedoch ist keines seiner Bilder wiederholbar. Das unterscheidet ihn auch von den technisch ähnlichen seit Banksy äußerst populären stencils. Seine Malerei funktioniert aber auf der gleichen Ebene: sie zeigt Alltägliches vom eigentlichen Kontext losgelöst - oft wird Realität nur so wahrnehmbar.